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Kapitel 6 (f)
6.3 Geschäftsfelder
Die im letzten Abschnitt beschriebenen Modelle müssen in einem oder mehreren Geschäftsfeldern angewendet werden. Von der Entwicklung, über den Vertrieb, Support, Consulting, bis hin zu Büchern und Dokumentation steht dem eifrigen Unternehmer jedes Gebiet offen. Stärker noch als bei proprietäre Software liegt die Goldgrube nicht im Verkauf, sondern in den Dienstleistungen [46].
6.3.1 Entwicklung
In der traditionellen Softwareentwicklung werden Programmierer dafür bezahlt, Software exklusiv für ein Unternehmen zu schreiben. Werden freie Programme erstellt, so ist diese Arbeit auch und gerade für die Allgemeinheit zugänglich. Viele Hacker werden von Unternehmen bezahlt, um freie Software zu schreiben, sei es zu Marketingzwecken, aus technischem Interesse oder aus anderen Gründen. Red Hat errichtete sogar ein ganzes Labor, die Red Hat Developer Laboratories. Auch IBM, Netscape, SGI und Sun bezahlen ihre Mitarbeiter für die Entwicklung freier Software.
Neben den Programmierern als Angestellte können aber auch ganze Firmen von der Softwareentwicklung im Open-Source-Bereich leben, indem sie andere Unternehmen mit individuellen Erweiterungen für freie Software, Anpassungen und Portierungen bedienen, die im allgemeinen sehr gut honoriert werden. Gerade für Selbständige und kleine Firmen ist diese Arbeit durchaus lukrativ und wegen der Unabhängigkeit und der (noch) geringen Konkurrenz risikoarm.
6.3.2 Distribution
Besonders für Linux existiert im Internet mittlerweile ein riesiger Pool freier Software. Zur besseren Übersicht stellen spezielle Unternehmen hunderte von Systemkomponenten, Tools und Anwendungen zu einem konsistenten Paket zusammen, das auch für den technisch weniger interessierten Anwender einfach zu installieren und konfigurieren ist. Ohne diese Distributoren müßte er stundenlang Software herunterladen und diese einzeln installieren, eine kosten- und zeitaufwendige Prozedur, die heute keiner mehr auf sich nehmen will.
Daß der Distributionsmarkt für freie Software boomt, erkennt man daran, daß sich einige Firmen darauf spezialisiert haben, eigene Distributionen von bereits vorhandenen abzuleiten und (mit eigenen Erweiterungen evtl. für ein spezielles Einsatzgebiet) zu verkaufen. Mandrake und Halloween sind zwei Beispiele dafür. Diese Verkaufsstrategien sind in der Welt der proprietären Software von vorneherein ausgeschlossen.
Distributoren verstehen sich nicht als Softwarehersteller, sondern eher als eine Art Montagefabrik. Genau wie ein Automobilhersteller aus tausenden Einzelteilen ein funktionierendes Fahrzeug baut, so setzen Red Hat, S.u.S.E. und Co. aus diversen Programmbausteinen ein laufendes Betriebssystem samt Anwendungen zusammen.
6.3.3 Verkauf von Software
Eine etwas abgeschwächte Variante der Distribution stellt der reine Verkauf von freier Software dar. Hier fließt kaum oder keine Dienstleistung in die gepreßte CD ein. Trotzdem bietet er noch den Mehrwert für den Nutzer, die Software nicht aus dem Internet laden zu müssen. Als Zwischenhändler und Reseller verkaufen heute zahlreiche Kaufhäuser und Buchhandlungen die beliebten Linux-Pakete von Red Hat und S.u.S.E. Walnut Creek veräußert und fördert die Distribution des freien Unix-Derivats FreeBSD.
6.3.4 Verkauf von Hardware
Die Aneignung des Modells aus Abschnitt 6.2.5, also die Nutzbarmachung von freier Software zur Unterstützung einer Hardwareplattform findet sich in den Unternehmensstrategien von VA Linux Systems und Cobalt wieder. Cobalt beispielsweise baut aus den Komponenten eines handelsüblichen PCs und einiger freier Software wie Linux und Apache einen erfolgreichen, bunt gestylten Intranet-Server mit komfortabler Bedienung per Browser. VA Linux Systems verkauft seine Systeme mit vorkonfiguriertem Linux. IBM, Compaq und Dell rüsten ihre Server-Systeme ebenfalls mit Linux aus. Die Hardware ist nicht das Verkaufsargument der Hersteller, es ist die damit verbundene Dienstleistung, der erfolgreiche Name der Firma und die steigende Popularität freier Software.
6.3.5 Support
Support im Sinne von Wartung und Pflege ist ein Zukunftsmarkt für Open-Source-Software. Da die informelle Unterstützung von Entwicklern und Anwendern in Newsgroups im Internet von IT-Verantwortlichen oft überhaupt gar nicht erst in Erwägung gezogen wird, wächst der Bedarf nach professionellem Support für freie Software proportional zu ihrer Verwendung. Wird sie auch mehr und mehr in Behörden, kleineren Unternehmen und Büros, in denen nur wenig Computerfachpersonal arbeitet, eingesetzt, so steigt der Bedarf noch stärker an. Dort wird schnell aus Zeit- und Kompetenzmangel zum Telefonhörer gegriffen und Abhilfe verlangt.
Neben dem Telefonsupport kann auch E-Mail- und Vororthilfe angeboten werden. Abgestimmt auf die jeweils zu unterstützende Firma können verschiedene Vertragsmodi unterschiedlicher Befristungen aufgestellt werden. Für kleinere Organisationen böte sich beispielsweise die Bezahlung pro Anruf/E-Mail an, mit größeren Unternehmen könnte man Quartals- oder Jahresverträge abschließen, die Service auf Abruf beinhalten.
Da kein Monopol auf einzelne freie Software besteht und die Kontrolle über sie nicht bei einer einzelnen Organisation liegt, ist es ohne weiteres möglich, daß mehrere Firmen Support für ein und dasselbe Produkt anbieten. So bietet Open Source mehr Raum für Wettbewerber im Markt und der Kunde profitiert von einer größeren Auswahl an Dienstleistungen.
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