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Kapitel 7 (c)
7.2.3 Nicht offene Hardware
Hardware entwickelt sich bei weitem rasanter als Software. Viele Hersteller tendieren dazu, die Spezifika ihrer Geräte geheimzuhalten, wodurch es sehr schwierig wird, diese für eine freie Plattform wie Linux zu unterstützen. Zwar läßt sich - die nötige Kenntnis vorausgesetzt - durch reverse engineering die Funktionsweise einiger Hardware herausfinden, aber trotzdem bleiben so noch einige Details verborgen. Der Erfolg von Linux hat die Situation ein wenig verändert. Manche Hersteller veröffentlichen nun die Spezifikationen ihrer Geräte, andere entwickeln Treiber als freie Software für Linux selbst. Die Open Hardware Initiative unterstützt diese Aktivitäten.
7.2.4 FUD
Fear Uncertainty Doubt (FUD) ist eine beliebte Taktik in Politik und Wirtschaft, um sich aufstrebender, unliebsamer Konkurrenten zu entledigen. Der Kern liegt dabei in der Veröffentlichung von Berichten, Artikeln, Tests und Studien, die unwahre oder verfälschte Aussagen - meist über den Mitbewerber oder dessen Produkt und häufig auf undurchsichtigen Erklärungen fußend - beinhalten, die den Verbraucher verunsichern oder verängstigen und ihn dazu veranlassen, das vermeintlich minderwertige Produkt nicht zu erwerben.
Freie Software stand schon oft unter dem Beschuß großer Unternehmen wie SCO und Microsoft, die diese Strategie anwenden. Im April 1999 wurde von Mindcraft ein "offizielle" Studie veröffentlicht, in der Linux als Server-System wesentlich schlechter abschnitt als Windows NT. Es stellte sich schließlich heraus, daß die beiden untersuchten Systeme mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen den Test durchliefen und daß die Studie von Microsoft bezahlt wurde.
Bei freier Software handelt es sich aber nicht um einen normalen Konkurrenten. Da sie keinen Hersteller hat, der sich aus dem Markt zurückziehen könnte, fehlen auch die sonst klaren Ziele der FUD-Angriffe. Trotzdem könnten gerade die weniger technikerfahrenen Anwender durch diese Methode verunsichert werden, und somit bleibt sie weiterhin eine Gefahr.
7.2.5 Okkupation
Viele Befürworter von Open Source sehen die Bedrohung, freie Software könnte von Unternehmen okkupiert werden. Sie wäre dann in einem proprietären Produkt eingeschlossen und stünde von da an der Gemeinde nicht mehr zur Verfügung. Bei näherem Betrachten sinkt die Wahrscheinlichkeit dieser Situation. Zum einen gewähren einige der Open-Source-Lizenzen davor Schutz - insbesondere die GPL - zum anderen verschwände mit dem Entzug der Freiheit auch der evolutionäre Entwicklungsprozeß, falls tausenden Entwicklern und Anwendern die Möglichkeit genommen würde, Erweiterungen und Anpassungen zu programmieren oder Fehler zu beheben.
"If Linux were hijacked - if someone attempted to make and distribute a proprietary version - the appeal of Linux, which is essentially the open-source development model, would be lost for that proprietary version." - Linus Torvalds
7.3 Open Source woanders
Open Source ist kein Phänomen in der Softwareindustrie allein. Offenheit und Austausch waren schon früher gängige Arbeitsprinzipien, beispielsweise in der Wissenschaft. Ohne fruchtbare Diskussion unter Forschern, ständige Tests und Untersuchungen auf Basis offenliegender Ergebnisse, Erkenntnisse und Theorien wäre die Medizin womöglich um Jahrzehnte zurückgeblieben. Wäre die Elektroindustrie noch die gleiche, hätte Thomas Edison seine Erfindungen an ein Unternehmen verkauft statt sie zu veröffentlichen?
Das Oxford Dictionary aus dem 19. Jahrhundert kann auch als Open-Source-Unternehmung angesehen werden. Jeder Bürger konnte einen Begriff beitragen, der dann mit seiner Bedeutung im Lexikon abgedruckt wurde. Die weltberühmte Encycloepdia Britannica steht nun in vollem Umfang kostenlos im Internet zur Verfügung. Das Projekt Gutenberg beherbergt ältere Literatur - hauptsächlich aus den Bereichen Lyrik, Epik und Dramatik -, deren Urheberrecht abgelaufen ist.
Direkte Parallelen zur freien Software im Sinne von Richard Stallman weist die Initiative Free Music Philosophy [55] auf, die Vervielfältigung, Weiterverbreitung und Modifikation von Musikstücken für den persönlichen, nicht-kommerziellen Bedarf ausdrücklich erlaubt.
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