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Kapitel 3 (d)

3.4 KDE

Der Mißerfolg von Unix auf Workstations, also Computer-Arbeitsstationen in Unternehmen und Privathaushalten, ist zu einem großen Teil durch das Fehlen einer einheitlichen Benutzeroberfläche zu begründen. Komplizierte (tastaturgesteuerte) Bedienung und umständliche Konfiguration setzten ein gewisses Maß an Fachwissen voraus, um mit dem System arbeiten zu können. Erst nachdem sich Windows und Mac beim Heimanwender durchgesetzt hatten, erkannte man die Wichtigkeit von intuitiven Bedienoberflächen. Zu spät, denn Bestrebungen, Computeranwender mit dem Unix-Desktop CDE (Common Desktop Environment) wieder zurückzugewinnen, schlugen fehl. Zudem hatte CDE einen zur damaligen Zeit überaus großen Ressourcenhunger und das darunterliegende Toolkit, Motif, kostete viel Geld.

Grafische Benutzeroberflächen für Unix-Systeme unterschieden sich stark von denen des Mac oder Windows. Während Betriebssystem(kern) und Oberfäche bei letzteren fest miteinander verzahnt sind, gibt es bei Unix eine Trennung: Das über dem Betriebssystemkern befindliche X Window System bringt nur rudimentäre Funktionen zur grafischen Interaktion mit. Das "Look & Feel" bietet erst ein Fenstermanager zur Fensterverwaltung und Mausunterstützung sowie ein Toolkit - eine Klassenbibliothek zur Programmierung von grafischen Anwendungen. Da es nun mehrere Fenstermanager und Toolkits gibt und jeder Programmierer andere Vorlieben bezüglich dieser hat, kommt es zu einer bunten Mischung von Anwendungen ohne eine einheitliche Bedienung.

Diesem Mißstand wollte eine Gruppe von Entwicklern ein Ende bereiten und ein Desktop-System schaffen, das benutzerfreundlich, intuitiv, stabil und frei ist. So wurde im Oktober 1996 das KDE-Projekt (K Desktop Environment) gegründet. Im Sommer 1997 rief man die erste Entwickler-Konferenz in Arnsberg zusammen, bestehend aus 15 Teilnehmern aus der ganzen Welt, um das Design und die Entwicklung von KDE zu diskutieren. Da es ein freies Software-Projekt ist, die Mitglieder also meistens unentgeltlich arbeiten, mußten Sponsoren gefunden werden. Schnell gewann man Unternehmen wie S.u.S.E, Caldera, O'Reilly, den Linux-Verband und andere für die finanzielle Hilfe. Nach der ersten Beta-Version im Oktober 1997 folgten schnell weitere im November 1997, Februar 1998, April 1998 und schließlich die Version 1.0 im Juli 1998. Das aktuelle Release ist 1.1.2.

Wie die meisten anderen Open-Source-Projekte auch hat KDE eine Entwicklergemeinde, die sich auf alle Kontinente verteilt. Ein Kern-Team - ähnlich wie bei FreeBSD - kümmert sich um die Koordination, Organisation und Kommunikation und kommt im Gegensatz zu dem üblichen Entwicklungsmodell in Unternehmen ohne die Einhaltung einer Hierarchie oder anderen strikten Vorgaben aus. Der Tenor lautet hier, den Entwicklern möglichst große Freiheiten zu gewähren, um die Motivation zu fördern und den Spaß an der Sache zu garantieren.

Das unter der GPL/LGPL stehende KDE vereint die Komponenten einer grafischen Benutzeroberfläche zu einem intuitiven Desktop-System, das sich in seiner Funktionsvielfalt mit Windows oder MacOS messen kann. So gehört zu KDE

Letzteres in der Implementierung KOM/Openparts hat einen besonderen Stellenwert für die Kommunikation der KDE-Anwendungen. KOffice, die KDE-eigene Office-Suite wird regen Gebrauch dieses verteilten Komponentenmodells machen.

Mittlerweile wird fast jede Linux-Distribution mit KDE als Standard-Desktop ausgeliefert. Das war jedoch nicht immer so, denn Qt, das Toolkit der norwegischen Firma Troll Tech, war nicht vollständig frei. Diese Tatsache führte in den Newsgroups im Internet zu heftigen, emotionalen Diskussionen um lizenztechnische Probleme. Ende 1998 gab Troll Tech bekannt, eine Version von Qt unter die eigens dafür entwickelten Open-Source-Lizenz QPL (Qt Public Licence) zu stellen, was die Gemeinde rund um freie Software sehr begrüßte.

Das KDE-Projekt hat für die Zukunft große Pläne, die sich in der Version 2.0 wiederfinden sollen. Schwerpunkte werden dabei die eben erwähnte Komponententechnologie, Unicode-Unterstützung, Spracheingabe und natürlich viele, viele Anwendungen sein. Auch die Arbeit an diversen Portierungen auf andere (auch nicht freie Unix-Systeme) wird fortgesetzt.


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