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Kapitel 3 (g)
3.7 Sendmail
Trotz der bunten, multimedialen Vielfalt des World Wide Web ist E-Mail weiterhin der beliebteste Dienst im Internet. Es hat sich als Kommunikationsform neben der Briefpost und dem Telefon durchgesetzt.
Seit vielen Jahren gehört Eric Allmans sendmail zum Marktführer der Mail Transfer Agents (MTA). Als elektronisches Postamt sorgen sie für die Versendung, Weiterleitung und den Empfang von E-Mails auf Mail-Servern. Der gemeine Internet-Benutzer und E-Mail-Schreiber zuhause am PC merkt davon gar nichts, doch wird fast jede seiner Nachrichten in irgendeiner Weise von sendmail zugestellt.
Diese Dominanz erwuchs aus der harten Arbeit von Eric Allman und vielen anderen begeisterten Entwicklern, angespornt durch die Vorstellung, die Voraussetzungen für ein neues Medium zu schaffen. Allman selber sieht sich nicht als Pionier, er hat weder durch Entwicklung von Protokollen die Struktur des Internet geprägt, noch visionäre Ideen eingebracht, wie er von sich sagt. Aber er hat einen wichtigen Schritt mitgemacht: den von der Erfindung zur Realisierung des Internet.
"There's a big step from inventing it to making it work. I didn't design the protocols. I didn't come up with the ideas. I'm an engineer. A damn good one, perhaps, but an engineer." - Eric Allman, Sendmail Inc.
Angefangen hat alles 1979, wie so oft, an der Universität von Berkeley, als Allman die erste Implementation eines elektronischen Post-Systems in Angriff nahm, das zunächst in der Version 4.0 und 4.1 des BSD-Unix unter dem Namen delivermail vertrieben wurde. Nach einigen Umstrukturierungen des ARPAnet (Advanced Research and Project Agency Network), dem Vorgänger des Internet, bezüglich der Protokollstruktur und der Entwicklung des Simple Mail Transport Protocols (SMTP) weitete sich das Projekt schnell zu einem hochkomplexen Gebilde aus. Der Bedarf an Fachkräften und der Gedanke, für offene Standards wie SMTP auch offene Programme zu schreiben, rief Entwickler aus Unternehmen (Sun, Hewlett-Packard), Hochschulen und Forschungsinstituten auf, Beiträge in Form von Quellcode zu leisten.
Seit der ersten Version wird sendmail kostenlos und mit allen Rechten zur Programmmodifikation an seine Benutzer verteilt, wie es Markenzeichen von Open-Source-Software ist. Von Anfang an wurde sendmail hauptsächlich wegen seiner offenen Architektur und der guten Skalierung geschätzt. Es läßt sich bis ins kleinste Detail konfigurieren, an die eigenen Bedürfnisse anpassen und fast überall einsetzen. Bestes Beispiel hierfür gab Allman selbst während eines Interviews: "Ich wurde damals während des kalten Kriegs von jemandem gebeten, sein sendmail-System zu konfigurieren und zwar in einer Weise, die völlig vom Normalen abwich. Einige Zeit später stellte sich heraus, daß der Mann Lehrer an einer öffentlichen Schule in Chicago war, dessen Schüler Brieffreundschaften mit Schülern aus Moskau pflegten und deshalb umständliches Mail-Routing1 vonnöten war."
Dem non-profit sendmail-Konsortium sendmail.org steht sein kommerzielles Ebenbild Sendmail Inc. zur Seite, das 1997 von Eric Allman und Greg Olsen mit Hilfe einiger privater Investoren ins Leben gerufen wurde. Sendmail Inc. vertreibt weiterhin das freie sendmail, verkauft aber zusätzliche Tools wie z.B. Administrationsoberflächen. Mit einer solch hybriden Konstellation ist bewiesen, daß die synergetischen Effekte von Industrie und der Open-Source-Gemeinde für den Anwender nur positiv sein können.
Sowohl sendmail als auch DNS/BIND beherrschen den Markt so sehr, daß es kaum ein kommerzieller Softwarehersteller gewagt hat, ein Konkurrenzprodukt zu entwickeln oder beim Versuch, ein solches zu etablieren, gescheitert ist.
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